01. Januar 2021 Thema: Blog Von Kai Koeser
2020 ist vorbei. Endlich, werden viele sagen. Doch das alte Jahr mit all seinen Einschränkungen werden wir nicht so einfach hinter uns lassen können. Die Folgen der Pandemie werden wir noch lange spüren. Der zweite sogenannte “harte Lockdown” wird uns wohl noch mehrere Wochen begleiten und vielen Menschen viel abverlangen. Für mich sind darum die ersten Impfungen nach Weihnachten Grund zur Hoffnung, dass 2021 nicht einfach das zweite Coronajahr wird. So ist an Neujahr – diesmal noch mehr als sonst – das alte Jahr noch nicht wirklich zu Ende, und doch ist das neue Jahr da, die Zeit nach Corona, greifbar.
Kürzlich wurde ich vom Stader Tageblatt gefragt, wer für mich der “Mensch des Jahres 2020” gewesen sei. Diese Frage konnte ich nicht so einfach beantworten. So viele Menschen hier bei uns vor Ort sind in den letzten Monaten über sich hinaus gewachsen. Ich denke an die vielen Eltern, die plötzlich alles gleichzeitig sein mussten; die Beschäftigten in den Seniorenheimen, in denen der Virus besonders gewütet hat; das Pflegepersonal, das schon vorher am Limit war; den Gastronom, der sich gerade ein neue Lokal eröffnet hat; die Lehrerin, die plötzlich zum kleinen You-Tube-Star werden musste; die Erzieher*innen in den Kitas, die nicht wissen wie hoch das Infektionsrisiko durch die Kinder wirklich ist und auch die Kinder, die so viel selbstverständlicher als viele Erwachsene mit Abstandsregeln und Masken umgehen. Am Ende habe ich mich entschieden für eine ungenannte Stader Supermarktmitarbeiterin, die als alleinerziehende Mutter im ersten Lockdown im Frühjahr ihr Kind mit zur Arbeit nehmen musste – und ihren Arbeitgeber, der dies zugelassen hat. Für mich stehen diese Frau und ihr Dilemma für all das, was in diesem Jahr besonders gut und besonders schlecht gelaufen ist.
Es muss uns Sorgen machen, dass gerade die Schwächsten unserer Gesellschaft unter der aktuellen Krise wieder einmal am stärksten leiden: die alleinerziehende Mutter mit ihren Kindern, die keinen Notbetreuungsplatz bekam; benachteiligte Kinder und Jugendliche, die im Home-Schooling den Anschluss verlieren; Frauen, die schutzlos häuslicher Gewalt ausgesetzt sind; Ältere und Pflegebedürftige, für die die Kontaktbeschränkungen enorm belastend sein müssen oder die Angst vor einer Triage im Krankenhaus haben; die Beschäftigten in den Kliniken und Pflegeeinrichtungen hier in unserer Region.
2020 haben wir aber auch erlebt, wie Familien, Freundeskreise, Kolleg*innen, Nachbarschaften und völlig Fremde Solidarität miteinander geübt haben, so sichtbar wie vermutlich lange nicht. Und das ohne Kontakt haben zu dürfen. Wir tragen Maske, um andere zu schützen. Wir halten Abstand und doch halten wir zusammen. Zusammenhalt 2020 hieß aber auch, mit Kurzarbeitergeld und Wirtschaftshilfen Millionen Menschen Hoffnung und Sicherheit zu geben. Unser Blick muss jetzt nach vorne gehen, in die Zukunft. Dabei dürfen wir nicht an kurzfristiges wirtschaftliches Wachstum denken. Vielmehr gilt es jetzt, die Weichen zu stellen, dass wir dauerhaft gestärkt aus dieser Krise herauskommen, wirtschaftlich und als Gesellschaft.
Arbeit und Kommunikation haben sich in den letzten Monaten massiv verändert. Vielleicht schneller als je zuvor. Die Digitalisierung wird Arbeitswelt und Gesellschaft weiter verändern, verbunden mit sozialen und wirtschaftlichen Existenzängsten bei manchen. Wir haben in den Monaten der Pandemiebekämpfung erfahren, wie wichtig staatliche Leistungen und Handeln für unsere Gesellschaft sind. Staat und Politik werden auch weiter gefordert sein, um die kommenden Umbrüche zu gestalten für eine klimaschonende Wirtschaft und Gesellschaft, für eine Digitalisierung, die den Menschen nützt und nicht nur dem Markt. Für mich ist ganz klar, dass es dabei auch darum gehen muss, wie wir mit den Schwächsten in unserer Gesellschaft umgehen. Auf dem Weg in die Zukunft dürfen wir die Menschen nicht zurücklassen. Darum bleibt staatliches Handeln entscheidend für die Zukunft unserer Gesellschaft und unserer Demokratie.
Weihnachten und Silvester waren in diesem Jahr anders als wir es gewohnt sind. 2020 war anders als wir es gewohnt sind. Wir mussten auf vieles verzichten und werden noch weiter Verzicht üben müssen. Ich bin aber überzeugt, dass wir Grund haben zuversichtlich in das neue Jahr zu gehen. Der Impfstoff bringt Hoffnung, dass wir die Pandemie Schritt für Schritt überwinden. Wenn wir weiter zusammenhalten, dann wird 2021 ein gutes Jahr, davon bin ich fest überzeugt.
Ich wünsche Ihnen ein gutes, ein gesundes neues Jahr!
Ihr Kai Koeser
Das Leben ist nicht immer gerecht. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, das erlebe ich aber auch tagtäglich als Pflegevater. Darum mache ich Politik, weil die Welt nur besser wird, wenn wir sie besser machen.