16. Mai 2023 Thema: Gott und die Welt Von Kai Koeser
Kirche beschäftigt sich mit der Zukunft. Das glauben viele nicht. Doch die Mitglieder der Landessynode der Landeskirche Hannovers beschäftigen sich intensiv mit der Frage, wie Kirche künftig aussehen kann. Landesbischof Meister hat in seinem Bericht an die Synode deutlich gemacht, dass die Kirche unter der Last eines zu viels leidet: zu viele Gebäude, zu viel Strukturen, zu viele Prozesse, vielleicht auch zu viel Geld – zumindest an den falschen Stellen, würde ich ergänzen. Kirche befindet sich in einer Umbruchphase, auf einem Weg, bei dem wir das Gemeinsame suchen müssen.
Die Landeskirche Hannovers hat 2020 mit großem Schwung einen vielbeachteten Zukunftsprozess angeschoben, der von Beginn an von großen Zweifeln und Befürchtungen aber auch Hoffnungen und Erwartungen begleitet wurde. In der Fläche der Landeskirche hat der Zukunftsprozess jedoch nicht die erwünschte Resonanz hervorgerufen. Die digitale Beteiligungsplattform wurde nicht angenommen. Hinzu kamen unterschiedliche Erwartungen und Ziele von Zukunftsprozessteam und Koordinierungsrat. Gleichzeitig wurden in vielen Kirchenkreisen wichtige Projekte angeschoben und Impulse gesetzt. Darum hat die Landessynode nach intensiver Debatte mit einem denkbar knappen Abstimmungsergebnis beschlossen, den Zukunftsprozess der Landeskirche neu zu justieren. Die weiterführenden Elemente, Potenziale und bisherigen Ergebnisse sollen in eine andere Organisationsstruktur überführt werden und mit den zahlreichen innerkirchlichen Transformationsprozessen besser verzahnt werden. Das soll künftig neue Möglichkeiten der Kirchenentwicklung eröffnen.
Die Landeskirche hat sich längst auf dem Weg in die Zukunft gemacht. In den Kirchenkreisen laufen diverse Planungsprozesse zur künftigen Personalplanung, Gebäudenutzung, Energieversorgung, Finanzsicherung und organisatorischen Strukturen. Im Kern geht es dabei um die Frage, wie Kirche künftig vor Ort gestaltet werden kann. Die diversen Antworten der sehr unterschiedlichen Kirchenkreise von Hannover, über Bremerhaven, die Region Stade oder den Harz bis nach Ostfriesland verbindet ein gemeinsames Ziel: Wir wollen attraktiv sein trotz aller Transformationsnotwendigkeiten.
Um die notwendigen Schritte hierfür gehen zu können, braucht es Finanzen. Die finanziellen Mittel der Landeskirche werden sich jedoch verringern. Aktuell ist von einem Rückgang um 1/3 bis 2035 auszugehen. Was können wir noch wie gestalten? Wie und wo können Handlungsspielräume entstehen? Wie stellen wir die Verkündigung des Evangeliums als Kern unseres Wirkens unter der veränderten Bedingungen sicher? Mit diesen Fragen der mittelfristigen Finanzplanung beschäftigt sich ein neu eingesetzter Querschnittsausschuss der Landessynode. Für eine zielgerichtete Finanzsteuerung durch den Querschnittsausschuss braucht es künftig stärkere inhaltliche Leitlinien. Dies wurde in einem ersten Zwischenbericht deutlich.
Veränderte Bedingungen erfordern neue Antworten, auch in Fragen der Finanzierung kirchlicher Arbeit. Die Landeskirche wird sich vor der Hintergrund abnehmender Finanzmittel hin zu einer aktiv fundraisenden Organisation entwickeln müssen. Hierfür braucht es Konzepte und Ressourcen, damit die Kirche in direktem Wettbewerb mit zahllosen Organisationen erfolgreich bestehen kann. Ressourcen kosten immer, diese Bedenken sind nicht von der Hand zu weisen. Doch Erfahrungen zeigen, dass mittelfristig Fundraisingmaßnahmen refinanziert werden können und ein deutlicher Zuwachs an finanziellen Mitteln erwirtschaftet werden kann. Die Ausschüsse der Landessynode werden nun beraten, ob und wie das vorgestellte Fundraisingkonzept flächendeckend installiert werden kann.
Bereits seit August 2015 hat die Landeskirche Hannovers ein integriertes Klimaschutzkonzept. Eine Zwischenbilanz in der Landessynode 2019 zeigte bis dahin nur unbefriedigende Ergebnisse bei der Umsetzung. Daraufhin wurde ein landeskirchenweiter Partizipationsprozess mit den Kirchenkreisen gestartet. Es entstand ein breiter Konsens: Klimaneutralität bis 2045 durch Emissionsreduktionen in den Bereichen Gebäude und Mobilität, Verminderung des Energieverbrauchs, Steigerung der Energieeffizienz und Ersatz fossiler Energieträger. Der Landessynode wurde nun der Entwurf für ein landeskirchliches Klimaschutzgesetz vorgelegt, das die staatlichen Anforderungen flankieren und für den kirchlichen Raum übertragen soll. Entstehende Kosten können durch verbesserte Energieeffizienz zum Teil kompensiert werden. Die Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen wird durch das Gesetz für alle Kirchenkreise und landeskirchlichen Einrichtungen verpflichtend. In der Synode kam es daraufhin zu einer intensiven Debatte über die Möglichkeiten der Umsetzung: Bedarf es einer weiteren umfangreichen Erfassung von Daten? Wie kommen wir schneller in die Umsetzung? Welche personellen und finanziellen Ressourcen stehen in den Kirchenkreisen und Gemeinden für die Umsetzung zur Verfügung? Welche Zeitschienen sind realistisch? Mit diesen Fragen werden sich nun die zuständigen synodalen Ausschüsse auseinandersetzen, mit einem ganz klaren Ziel: Klimaneutralität bis 2045!
Ganz viel Zukunft wird in den ca. 800 evangelischen Kindertagesstätten in Niedersachsen gemacht. Das sind immerhin etwa 20 % aller Kitas in Niedersachsen. Die kirchlichen Träger gelten dabei als absolute verlässliche Partner der Kommunen, die einen hohen Standard der Betreuung und frühkindlichen Bildung gewährleisten und dabei natürlich auch Räume religiöser Bildung im Sozialraum sind. Doch auch auf die kirchlichen Kitas wirkt sich der Rückgang der Kirchensteuereinnahmen aus. Bislang tragen kirchliche Träger 2/3 der Kosten als Eigenanteil. Die Höhe ist gesetzlich festgeschrieben. Doch können dann die hohen Standards in Ausbildung und Angebot perspektivisch aufrecht erhalten werden? Eine Zukunftsfrage als Dilemma für das Verhältnis zwischen Kirche und Kommunen.
Eine vollständige Übersicht über die Themen und Inhalte der Synodentagung findet sich hier: https://www.landeskirche-hannovers.de/evlka-de/wir-ueber-uns/landessynode
Das Leben ist nicht immer gerecht. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, das erlebe ich aber auch tagtäglich als Pflegevater. Darum mache ich Politik, weil die Welt nur besser wird, wenn wir sie besser machen.