02. Mai 2023 Thema: Blog, Gott und die Welt Von Kai Koeser
Liebe Konfirmierte,
im Namen des gesamten Kirchenvorstandes gratuliere ich Euch zu Eurer Konfirmation. Für Euch, Eure Eltern, Eure Großeltern, Patinnen und Paten und Familien ist heute ein ganz besonderer Tag, auf den Ihr Euch sicherlich schon lange gefreut habt. Eure Eltern und Großeltern haben sich vermutlich ebenso gefreut und waren vielleicht sogar noch etwas aufgeregter als Ihr. So manche stolze Träne wurde bestimmt vergossen – vielleicht kommt das aber auch noch. Genießt den Tag mit diesen Menschen, genießt es, im Mittelpunkt zu stehen.
Der heutige Tag ist für Euch ein Abschluss. Schluss mit dem Konfirmandenunterricht. Schluss mit den Pflichtbesuchen im Gottesdienst. Die eine oder der andere sind da sicher auch ganz erleichtert. Ihr blickt hoffentlich auf viele schöne Momente zurück, auf Begegnungen, auf Dinge, die Ihr neu gelernt habt, auf Erfahrungen, auf die Flottenfahrt, auf Gemeinschaft. Ihr lasst heute ein Stück Kindheit hinter Euch. Mit Eurer Konfirmation erneuert Ihr Euer Bekenntnis zum Glauben und zu Eurer Kirche aus freien Stücken. Das ist schon ein ganzes Stück Erwachsenwerden. Ihr seid jetzt religionsmündig und wie es mit Euch und Gott, seiner Kirche und dem Glauben weitergeht, das liegt bei Euch.
Eure Konfirmation ist damit auch ein Aufbruch. Es ist der Aufbruch in ein Leben, das ihr selber in die Hand nehmen dürft. In den nächsten Jahren kommen viele wichtige Entscheidungen auf Euch zu, die Ihr gemeinsam mit Euren Eltern treffen müsst. Will ich Abitur machen? Welchen Beruf will ich lernen? FSJ oder AuPair oder WorkTravel? Ihr werdet Euer Leben künftig immer mehr und mehr selbstständig gestalten. Das ist ein Privileg und macht viel Spaß. Manchmal macht das aber auch Angst. Ich wünsche Euch das Vertrauen, dass Gott bei all diesen Entscheidungen an Eurer Seite sein wird. Denn Selbstständigkeit ist auch Verpflichtung. Ihr habt Euch für Gott und die Kirche entschieden. Nun ist es auch an Euch, diese Kirche mitzugestalten.
Warum solltet Ihr Euch aber ausgerechnet in der Kirche einbringen? Wer sich freiwillig engagiert, merkt schnell: Jede und jeder macht einen Unterschied. Dabei ist es egal, ob es die Pfadfinder sind oder die Evangelische Jugend, ob es der Posaunenchor wird oder irgendwann der Kirchenvorstand, die Kirchenkreissynode oder die Landessynode. Ihr habt heute auch ein Versprechen gegeben. Kirche und Gemeinde – wie und wo auch immer – das darf Euch nicht egal werden. Ihr seid die Zukunft unserer Kirche. Ihr seid der Grund unserer Gesellschaft. Ihr seid die Zuversicht von uns Älteren.
Unsere Gesellschaft und mit ihr unsere Kirche stehen vor tiefgreifenden Veränderungen. Das macht vielen Angst. Vieles das so sicher schien, das gilt scheinbar nicht mehr. In einer solchen Zeit braucht es Gottvertrauen, Hoffnung, Zuversicht, Zukunftsmut. Doch Glaube, Liebe, Hoffnung, das kann man nicht erzwingen. Sie werden uns von Gott geschenkt. Sie brauchen Luft zum Atmen. Sie brauchen Räume, um darin zu leben und die wir gestalten. Sie brauchen Momente, in denen sie sich uns zeigen dürfen. Hoffnung, Zuversicht und Zukunftsmut sind nicht erzwingbar. Doch Glaube und Liebe geben uns Hoffnung. Damit ist Christsein immer ebenso auf die Zukunft ausgerichtet, wie auf das hier und jetzt. Wie wir unser hier und jetzt heute gestalten, das beeinflusst das hier und jetzt von künftigen Generationen. Christsein ist damit eben mehr als die Hoffnung auf das Leben nach dem Tod. Christsein ist auch Verantwortung für das hier und jetzt und damit für die Zukunft.
Jetzt denkt Ihr vielleicht, was redet der von Zukunft und morgen, wenn doch in der Kirche alles so altbacken ist. All die Traditionen, die langweilige Liturgie, die uralten Lieder mit der angestaubten Sprache, die ich nicht so richtig verstehe. Was hat das mit uns zu tun? Was hat das mit unserer Zeit zu tun? Was hat das mit unserer Zukunft zu tun? Wir haben doch ganz andere Probleme!
Wir leben in unsicheren Zeiten. Eure Zukunft scheint sehr viel unsicherer als das in meiner Generation war. Hinter Euch liegen drei Jahre Corona-Pandemie. In Europa tobt ein brutaler Krieg. Energiekrise. Inflation. Wirtschaftskrise. Europa zerbröckelt. Rechts und links werden Radikale immer stärker. Der Klimawandel und seine Folgen. Wasserknappheit. Armut. Hunger. Flucht und Vertreibung. Wir leben in unsicheren Zeiten. Wir leben in verzweifelten Zeiten. Gefühlt wird alles schlechter. Doch gerade in verzweifelten Zeiten braucht es Hoffnung und Zuversicht, braucht es Zukunftsmut, braucht es Gott.
Vertrauen, Hoffnung und Mut geben seit 2000 Tausend Jahren die Worte des Neuen Testaments. In größter Not beten Menschen noch länger schon mit den Worten der Psalme. Wir singen Lieder, die zum Teil in der größten Not des Dreißigjährigen Krieges vor 400 Jahren entstanden sind. Damals kannten mehrere Generationen nichts anderes als Krieg, Hunger, Not, Elend und Verzweiflung. Aus tiefstem Gottvertrauen sind in dieser Zeit Lieder geschrieben worden voller Wärme, voller Freude und Dank. Lieder, die bis heute trösten und Mut machen können. Ein Leben lang Krieg und trotzdem haben Menschen nicht die Hoffnung und das Vertrauen in Gott verloren. Das muss uns doch Mut machen! Mut für das heute, hier und jetzt. Mut für das morgen. Gerade für dieses morgen, das so unsicher scheint, braucht es Glauben, Gottvertrauen und Euren Mut.
Ihr seid die Zukunft unserer Kirche. Ihr seid der Grund unserer Gesellschaft. Ihr seid die Zuversicht von uns älteren. Ihr seid die künftigen Botschafterinnen und Botschafter der frohen Botschaft. Und ab jetzt seid Ihr auch Gestalterinnen und Gestalter Eurer Zukunft und dieser Kirche. Nehmt diese Verantwortung an. Mischt Euch ein. Gestaltet mit. Tragt die ewige Wahrheit von der Liebe Gottes in Euren Herzen. Nehmt das Alte auf, pustet den Staub von dem althergebrachten und macht es wieder relevant. Werft nicht alles weg. Sondern nehmt das was gut und wahr ist und tragt es in die Zukunft. In dieser Kirche. In unserer Gesellschaft. In der Welt. Ihr seid Botschafter. Ihr seid Gestalterinnen. Ihr seid die Zuversicht Gottes.
Dafür wünsche ich Euch im Namen des ganzen Kirchenvorstandes Gottvertrauen, Hoffnung, Zuversicht, Zukunftsmut und Gottes Segen.
Das Leben ist nicht immer gerecht. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, das erlebe ich aber auch tagtäglich als Pflegevater. Darum mache ich Politik, weil die Welt nur besser wird, wenn wir sie besser machen.