05. Februar 2021 Thema: Kinder & Jugendliche Von Kai Koeser
Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen wird immer schwieriger, und das nicht nur im Home-Office/Home-Schooling-Doppelpack. Wir brauchen Antworten für Familien, wie berufstätige Eltern beiden Verantwortungen gerecht werden können. Das ist auch im Interesse unserer Wirtschaft.
Arbeitgeber klagen über Fachkräftemangel und Beschäftigten fällt es immer schwerer, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Hier muss etwas passieren. Familien brauchen ein zuverlässiges, familienorientiertes Angebot an Kindertagesbetreuung. Wir merken gerade, wie wichtig dieses auch für unsere Wirtschaft ist. Wie können wir also z.B. betriebliche Kindergärten gezielt fördern, um Familien zu entlasten? Das hilft denen, die nicht von Zuhause arbeiten können oder wollen. Es braucht trotzdem Flexibilisierung auf beiden Seiten und mehr Vertrauen auf Seiten der Arbeitgeber. Wir müssen es schaffen, dass zukünftig Kinder kein “früher Karrieretod” mehr sind. Arbeit und Familie müssen besser zusammenpassen. Das heißt aber auch, dass die Gründung einer Familie für junge Menschen überhaupt realistisch sein muss. Die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverhältnissen gehört abgeschafft. Arbeitgeber können hier ein riesiges Potenzial an Fachkräften freisetzen und an sich binden. Hierbei sollten wir sie unterstützen. Davon haben wir alle etwas.
Home-Office und mobiles Arbeiten als schöne neue Welt oder Albtraum aller Eltern? Die aktuelle Doppelbelastung ist sicher kein guter Zustand. Aber natürlich kann gutes mobiles Arbeiten helfen, berufliche Verpflichtungen und Familienleben miteinander in Einklang zu bringen. Bei vielen Berufen wäre das gut machbar. Die anhaltende Verweigerung auf Seiten der Arbeitgeber hat die Forderung nach einem Rechtsanspruch erst nötig gemacht. Für berufstätige Eltern mit Kindern kann Home-Office eine Erleichterung sein. Egal ob das kranke Kind oder die diversen Termine am Nachmittag, das lässt sich vom heimischen Schreibtisch einfacher koordinieren. Doch besonders im Home-Office brauchen wir starke Arbeitnehmerrechte. Die Flexibilisierung darf nicht zu Lasten der Beschäftigten gehen.
Für viele Eltern ist Teilzeit die richtige Lösung, zumindest für einige Jahre. Wir müssen dafür sorgen, dass es dann auch bei dieser befristeten Teilzeit bleibt. Eltern, aber auch Arbeitnehmer:innen, die Angehörige pflegen müssen problemlos wieder in Vollzeit zurückkehren können. Diese Sicherheit brauchen sie. Teilzeit darf nicht das Karriereende bedeuten. Es braucht viel mehr Modelle, wie in Teilzeit Verantwortung übernommen und Karrieren gemacht werden können. Dies müssen wir verstärkt fördern. Teilzeit muss für beide Elternteile eine echte Option sein, dann haben Mütter und Väter gleichermaßen die Chance auf mehr Familienzeit. Damit das realistisch wird, muss endlich die Gehaltsschere zwischen Frauen und Männern geschlossen werden. Gleiche Chancen für alle.
Die zunehmende Flexibilisierung ist eine Herausforderung für Arbeitgeber und Beschäftigte. Gerade kleine und mittlere Unternehmen sollten wir bei notwendigen Investitionen in mobiles Arbeiten und bei Einführung von Teilzeit-Modellen unterstützen. Doch flexible Arbeitszeitmodelle müssen auch mit einem starken Arbeitnehmer:innenschutz verbunden sein. Wir brauchen gerade jetzt starke Betriebs- und Personalräte, die die Interessen der Beschäftigten vertreten. Dauer, Lage und Rhythmus der Arbeitszeiten dürfen nicht nur zum Nutzen der Unternehmen flexibilisiert werden. Unsere Arbeitsschutzgesetze müssen der neuen Arbeitswelt angepasst werden.
Die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch mobiles Arbeiten und kluge Teilzeit-Modelle wären eine enorme Erleichterung für viele Familien. Angesichts des immer größer werdenden Fachkräftemangels in vielen Branchen ist es auch für Unternehmen wichtig, sich hier wirklich familienfreundlich zu zeigen. Hier muss Politik die richtigen Impulse setzen. Gut umgesetztes mobiles Arbeiten kann verhindern, dass eine Mutter ihre Stunden reduziert. Gleiches Geld für gleiche Arbeit kann helfen, dass mehr Männer ihre Arbeitszeit reduzieren und beide Eltern Beruf und Familie gut miteinander vereinbaren können. Das ist ein enormes Potenzial an Fachkräften, dass unsere Wirtschaft durch kluge Maßnahmen mobilisieren kann. Dabei müssen wir sie unterstützen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist Auftrag des Staates. Sie ist im Sinne der Gleichberechtigung. Und sie ist ein Wirtschaftsfaktor.
Das Leben ist nicht immer gerecht. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, das erlebe ich aber auch tagtäglich als Pflegevater. Darum mache ich Politik, weil die Welt nur besser wird, wenn wir sie besser machen.