29. September 2022 Thema: Gott und die Welt, Kinder & Jugendliche, Kommunalpolitisches Von Kai Koeser
Derzeit gibt es viel Kritik am Ende des „Sprach-KiTa“-Programms des Bundes. Mit einem neuen KitTa-Qualitätsgesetz bereitet die Bundesregierung jedoch gerade eine neue, viel umfassendere KiTa-Förderung vor. Sie wird mit einer geplanten Summe von 4 Mrd. Euro für 2023 und 2024 KiTas in viel höherem Maße fördern – in Bezug auf Sprach-Programme und weit darüber hinaus. Damit soll noch mehr für Chancengerechtigkeit für Kinder jeder Herkunft erreicht werden. Gleichzeitig will die Bundesregierung mit diesem Vorhaben Mitarbeitende und Einrichtungen stärken. Das ist wichtig, denn gerade in den KiTas werden wichtige Weichen für die spätere Bildung und das gesamte Leben gelegt. Darum muss hier mehr investiert werden. Aus diesem Grund will die SPD-Fraktion im Bundestag die sehr erfolgreichen Ansätze des Sprach-KiTa-Programms weiterentwickeln und verstetigen. Das hat die Ampel-Koalition auch so im Koalitionsvertrag verabredet.
Zorn entzündet sich nun bei Eltern, in Einrichtungen und Kommunen über das Ende des Bundesförderprogramms für Sprach-KiTas. Das erfolgreiche Förderprojekt war 2016 von der damaligen Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) auf den Weg gebracht worden. Es sollte ursprünglich nur bis 2019 laufen, um dann von den Ländern fortgesetzt zu werden. Zweimal wurde es vom Bund verlängert und jährlich mit 100 Millionen, zuletzt gar mit 200 Millionen Euro ausgestattet. Schon seit Februar 2021 war klar, dass das Programm Ende 2022 auslaufen wird. Eine Anschlussfinanzierung für diese wichtige und sehr erfolgreiche Arbeit soll über das neue KiTa-Qualitätsgesetz sichergestellt werden. Denn hier herrscht Einigkeit: Wir brauchen diese Arbeit und die aufgebauten Strukturen in den Einrichtungen müssen unbedingt erhalten – und ausgebaut werden.
Mit dem geplanten KiTa-Qualitätsgesetz setzt die Bundesregierung ein starkes Zeichen für die Bedeutung der frühkindlichen Bildung in unseren KiTas. Doch wir müssen anerkennen, dass die aktuelle Debatte um das Ende des auslaufenden Förderprogramms für große Unsicherheit in den Einrichtungen, bei Beschäftigten, in Kommunen und bei den Familien gesorgt hat. Es besteht allgemein die Befürchtung, dass bei etwaig entstehenden Finanzierungslücken bestehende Strukturen wegbrechen und Fachkräfte den Einrichtungen verloren gehen. Dies müssen wir unbedingt verhindern. Bei Eltern, Beschäftigten, KiTa-Leitungen, freien Trägern und Kommunen entsteht zunehmend der Eindruck eines unabgesprochenen Vorgehens zwischen den einzelnen politischen Ebenen. „Wir müssen dann die Folgen tragen – oder auch ertragen“, bekommt man dann gesagt. Ein wichtiges Ziel sozialdemokratischer Politik ist und bleibt dabei jedoch die Sicherstellung einer hochwertigen frühkindlichen Bildung und Betreuung in unseren KiTas. Daran arbeiten Politiker:innen auf allen Ebenen mit Hochdruck und viel Herzblut. Doch in dem komplexen Zusammenspiel von Bund, Ländern, Kommunen und freien Trägern kommt es durch die Entscheidungen verschiedener politischen Ebenen immer wieder zu Unwuchten, die für Unruhe, Frustration und Enttäuschung in den Einrichtungen und bei Eltern sorgen.
In einem gemeinsamen Brief haben sich die Landtagsabgeordnete Petra Tiemann, die beiden Landtagskandidierenden Corinna Lange und Matthias Mittelmejr, der SPD-Kreistagsfraktionsvorsitzende Björn Protze und ich nun an die SPD-Fraktionen im Bundestag und Niedersächsichen Landtag gewandt. Wir glauben, es ist an der Zeit für einen Neustart! Gut gemeinte Reparaturen und Reformen im laufenden Betrieb schaffen nur immer wieder neue Probleme. Uns ist klar, dass eine strukturelle Reform des Kita-Systems ein dickes Brett ist. Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben wir aber keine Angst vor dicken Brettern. Auch ducken wir uns nicht vor schwierigen Entscheidungen weg.
Niedersachsen hat vorgemacht, wie man dicke Bretter bohrt! Gemeinsam haben sich Politik, Landwirtschaft und Umweltschutzverbände auf den Niedersächsischen Weg gemacht für einen verbesserten Natur-, Arten- und Gewässerschutz. Dabei ist es gelungen, sehr gegensätzliche Interessen und Überzeugungen miteinander zu vereinbaren. Wir sind überzeugt, einen solchen gemeinsamen Weg braucht es auch für unsere Kitas. Denn auch hier treffen sehr unterschiedliche Interessen aufeinander von Bund und Ländern, Kommunen, freien Trägern, Beschäftigten, Gewerkschaften, Kindern, Eltern, Arbeitgebern und Verbänden.
Diese Interessen gilt es miteinander zu vereinbaren. Kompromisse müssen geschlossen werden und wir müssen uns gemeinsam eingestehen, dass wir aktuell nicht alle Erwartungen, Wünsche und Forderungen erfüllen können. Ein gemeinsames Ziel am Ende dieses Weges kann endlich die dringend benötigte Ruhe und Planungssicherheit bringen.
Daher sind unter anderem diese wichtigen Fragen jetzt zu klären:
Diese und andere Fragen müssen Bund, Länder, Vertreter der Gemeinden und freien Träger, Gewerkschaften, Elternvertretungen und Kinderrechtsverbände diskutieren. Kompromisse müssen geschlossen werden. Manche von uns werden über ihren Schatten springen müssen und unbequeme Entscheidungen fällen. Am Ende müssen verbindliche Vereinbarungen für gemeinsame Ziele und Schritte zu deren Umsetzung stehen.
Wir finden, es ist an der Zeit für einen solchen gemeinsamen Weg. Für unsere Kitas. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Für unsere Kinder. Für mehr Teilhabe und Bildungsgerechtigkeit.
Das Leben ist nicht immer gerecht. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, das erlebe ich aber auch tagtäglich als Pflegevater. Darum mache ich Politik, weil die Welt nur besser wird, wenn wir sie besser machen.