18. März 2021 Thema: Kinder & Jugendliche Von Kai Koeser
Aufnahmestopp bei Kinderärzten? Das “Neue Stader Wochenblatt” hat gerade darüber berichtet und ist auf große Resonanz bei betroffenen Eltern gestoßen. Mich hat das überrascht, denn ich hatte gerade vor gut zwei Wochen ein Gespräch dazu und bekam die Information, dass die Versorgungslage in der Region gesichert sei, bis auf ein paar örtliche Engpässe. Wie passt das zusammen?
Wir alle haben ein Recht auf medizinische Versorgung, Kinder nochmal mehr. Es muss egal sein, wo diese Kinder wohnen. Darum müssen wir natürlich sicherstellen, dass die wohnortnahe kinderärztliche Versorgung gewährleistet ist. Das gilt in meinen Augen übrigens auch für hausärztliche Versorgung. Der Weltärztebund schließt in seiner Erklärung von Ottawa in diese gesundheitliche Versorgung alle medizinischen, emotionalen, sozialen, finanziellen und qualitativen Faktoren ein, die zur Gesundung eines Kindes beitragen. Die Kinderrechtserklärung der Vereinten Nationen fordert ganz klar, dass die Vertragsstaaten verpflichtet sind, das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit und medizinischer Versorgung zu gewährleisten. Deutschland ist Vertragsstaat. Unser Land kann sich eine erstklassige medizinische Versorgung leisten. Doch in einigen Regionen stehen schon jetzt nachweislich nicht ausreichend Haus- und Kinderärzte zur Verfügung. Die Versorgung ist damit nicht gewährleistet – von der Frage der freien Arztwahl mal ganz abgesehen.
Wir brauchen also mehr Kinderärztinnen und -ärzte. Ich fordere eine Ausbildungsoffensive für Kinder- und Jugendfachmediziner:innen, und Allgemeinmediziner:innen mit einer belastbaren Studierendenquote in diesen Fachrichtungen. Es muss genug Nachwuchs ausgebildet werden. Dafür sind geeignete Förderprogramme mit finanzieller Unterstützung während des Studiums und Gründungszuschüssen bei Übernahme oder Eröffnung einer eigenen Praxis aufzulegen. Wir brauchen selbstverständlich ein flächendeckendes Netz von Hausarzt- und Kinderarztpraxen, auch im ländlichen Raum. Dies muss durch die Zulassungsbedingungen gesteuert werden. Eine sinnvolle Alternative können aber auch öffentliche Medizinische Versorgungszentren darstellen. Dort können ärztliche Leistungen örtlich konzentriert angeboten werden, von angestellten Ärzten, die nicht die besonderen Herausforderungen der Selbstständigkeit auf sich nehmen müssten.
Ein Netz von Medizinischen Versorgungszentren wäre sicherlich ein neuer Weg für uns, wenn auch einer, der in anderen Ländern durchaus schon erfolgreich erprobt wurde. Auch die Kinder- und Jugendkliniken könnten in der ambulanten Versorgung zunehmend eine Rolle spielen. Blicken wir auf das immer komplexer werdende Feld der Gesundheit müssen wir in meinen Augen hin zu einer sektorenübergreifenden Versorgung im stationären und ambulanten System, unter Berücksichtigung der Chancen der Digitalisierung, soziale Betreuungsdienste und den öffentlichen Gesundheitsdienst einschließt. Bisher scheitert eine solche Durchlässigkeit an den Sektorenvorgaben durch die Kostenträger. Das darf nicht sein!
Natürlich muss die Entscheidungsgrundlage für alle Reformen die bestmögliche Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sein – egal welchen Alters. Dabei darf die Entscheidung für ein Leben im ländlichen Raum keine Nachteile nach sich ziehen. Genauso wenig können wir es zulassen, dass in urbanen Räumen Stadtteile von der medizinischen Versorgung abgehängt werden. Ich will, dass Eltern sich keine Sorgen machen müssen, ob sie einen Arzt für ihre Kinder finden – egal wo sie wohnen.
Das Leben ist nicht immer gerecht. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, das erlebe ich aber auch tagtäglich als Pflegevater. Darum mache ich Politik, weil die Welt nur besser wird, wenn wir sie besser machen.