01. März 2021 Thema: Kinder & Jugendliche Von Kai Koeser
Wie organisiert Ihre Familie sich im Lockdown? Wer kümmert sich im Home-Office um Betreuung und Home-Schooling? Das letzte Jahr war für die meisten Mütter und Väter eine enorme Herausforderung. Eine Untersuchung der Böckler-Stiftung aus dem Dezember 2020 hat ergeben, dass es jedoch vor allem die Frauen sind, die im Moment die Hauptlast der Doppelbelastung tragen.
Damit vergrößert die sich der Rückstand der Frauen durch unbezahlte Familien- oder Sorgearbeit und Ehrenamt nochmal. Corona verfestigt also alte Rollenbilder. Heute wäre der Equal Care Day, wenn wir ein Schaltjahr hätten. Der Equal Care Day erinnert daran, dass Frauen viermal so viel Familien-, Sorge- und ehrenamtliche Arbeit machen wie Männer. Darum findet dieser Tag nur alle vier Jahre statt. Die unbezahlte Sorgearbeit ist viel zu oft noch immer einer unsichtbare Arbeit, die von der Gesellschaft nicht wahrgenommen wird. Das können wir so nicht hinnehmen. Unser Ziel muss sein, dass Fürsorge und Pflege gleichmäßiger auf beide Geschlechter verteilt wird, sie generell aufgewertet wird und ihre arbeitsrechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sich verbessern.
Der sogenannte “Gender Care Gap” gilt darum auch als Indikator für die Gleichstellung der Geschlechter. Er beschreibt die geschlechtsspezifische Differenz des Zeitaufwandes, der für unbezahlte Sorgearbeit aufgewandt wird. Es sind vor allem die Frauen, die sich bei Familien- und Sorgearbeit, sowie Ehrenamt engagieren. Die Differenz ändert sich je nach Alter und Lebenssituation. Am größten ist der Unterschied bei jungen Frauen und Männern – also in der Lebensphase, in der viel Zeit in die Erziehung der eigenen Kinder fließt. Aber auch alleinlebende Frauen leisten mehr Sorgearbeit als alleinlebende Männer. Dieser Unterschied besteht weltweit und verschlechtert global die Möglichkeiten für Mädchen und Frauen mit Blick auf Bildung und berufliche Entwicklung.
Wir müssen es schaffen, dass Arbeit besser zum Familienleben passt – für beide Eltern. Die Vereinbarkeit von Familien und Beruf ist im Sinne der Gleichberechtigung. Teilzeitarbeit muss so ausgestaltet sein, dass es für beide Elternteile interessant ist und keine negativen Folgen für die Karriere nach sich zieht. Im besten Fall können dann beide Eltern ihre Arbeitszeit reduzieren, sich um Kind oder pflegebedürftige Eltern kümmern und trotzdem noch beruflich weiter vorankommen. Kinder und Teilzeit dürfen nicht mehr automatisch das Karriereende bedeuten. Hier braucht es auch mutige Väter, die vorangehen. Einen guten Einstieg in mehr Familienarbeit bietet eine längere Elternzeit. Dies sollte allen Vätern als echte Option offenstehen. Das funktioniert aber nur, wenn wir es endlich hinbekommen, dass Frauen für gleichwertige Arbeit auch den gleichen Lohn bekommen. Beide Elternteile müssen zu den gleichen Bedingungen in Elternzeit und Teilzeit gehen können.
Für eine echte Geschlechtergerechtigkeit müssen wir aktive Väter unterstützen. Insbesondere Eltern- und Teilzeit für Väter muss gefördert werden. Die Väter haben diese Chance verdient. Dies hat langfristig positive Effekte auf die Familien und die Vater-Kind-Beziehung. So fördern wir die Gleichstellung von Männern und Frauen und geben Kindern die Chance auf mehr Zeit mit beiden Elternteilen. Ich bin mir sicher, die meisten Väter würden diese Chance gerne ergreifen.
Das Leben ist nicht immer gerecht. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, das erlebe ich aber auch tagtäglich als Pflegevater. Darum mache ich Politik, weil die Welt nur besser wird, wenn wir sie besser machen.