07. März 2021 Thema: Kinder & Jugendliche Von Kai Koeser
Vor ein paar Jahren habe ich versucht nach einer zweijährigen Elternzeit wieder beruflich Fuß zu fassen – in Teilzeit. Das war fast unmöglich, eine Situation, die vor allem viele Frauen nur zu gut kennen werden. Wir müssen leider zugeben, von echter Gerechtigkeit zwischen Frauen und Männern sind wir noch weit entfernt.
Ich finde aber, Männer sollten sich nicht erst mit der Lebensrealität von Frauen und Gleichberechtigung beschäftigen, wenn sie selber den gleichen Nachteilen ausgesetzt sind. Vielmehr müssen wir gemeinsam für eine gleichberechtigte Gesellschaft sorgen, weil es für alle besser wäre.
Sicherlich hat sich viel getan seit der “Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin” im Jahr 1791. 1865 wurde der “Allgemeine Deutsche Frauenverein” gegründet, der sich für Bildungschancen für Frauen einsetzte. 1896 durften dann die ersten Frauen das Abitur ablegen und im Großherzogtum Baden auch studieren – gegen der erbitterten Widerstand der Professoren. 1911 wurde der erste Internationale Frauentag begangen. 1918 erhielten Frauen endlich das Wahlrecht in Deutschland. Im Nationalsozialismus kam es wieder zu einschneidenden Rückschritten für die Frauenrechte.
Seit 1949 steht die Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Grundgesetz. 1961 gab es die erste Bundesministerin. 1976 wurde das erste Frauenhaus als Schutzraum gegründet. Seit 1977 dürfen Ehefrauen ohne Zustimmung des Ehemannes arbeiten gehen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung am Arbeitsplatz wurde 1980 festgeschrieben. 1986 wurde Rita Süßmuth erste Frauenministerin, die sich dann explizit für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf einsetzte. Vergewaltigung in der Ehe ist erst seit 1997 strafbar. Seit 2001 durften lesbische Paare eine Lebenspartnerschaft eingehen und sich so rechtlich absichern. 2005 wird Angela Merkel die erste Bundeskanzlerin. 2017 bringt die #MeToo-Bewegung das Thema sexualisierte Gewalt stärker ins öffentliche Bewusstsein. Das sind unstreitbar große Erfolge. Doch in einer wirklich gleichberechtigten Gesellschaft leben wir noch lange nicht.
Ich finde es beschämend, dass diese eigentlich sehr selbstverständliche Forderung bereits aus dem 19. Jahrhundert stammt. Sie ist heute aber immer noch aktuell. Frauen verdienen im Schnitt immer noch weniger als männliche Kollegen, bei gleicher oder sogar höherer Qualifikation. Dabei stellen Frauen heute die Mehrheit in den Abiturjahrgängen und an den Universitäten. Einen deutlichen Männerüberschuss gibt es hier jedoch vor allem in den technischen Studiengängen. Diese führen dann meist zu gut bezahlten Positionen in der Wirtschaft. Wir müssen diese Beruf weiter für Frauen öffnen und gleichzeitig aktiv dafür sorgen, dass die weiblich geprägten Berufe gesellschaftlich und finanziell aufgewertet werden. Ein großes Karrierehemmnis für viele Frauen ist aber immer noch die Familie. Eines der wichtigsten gesellschaftlichen Ziele muss darum die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sein – für Frauen und Männer. Das ist gut für uns alle.
Wir werden Frauen weiterhin gezielt vor geschlechtsspezifischer Gewalt und Diskriminierung schützen müssen. In Politik und Wirtschaft müssen wir auf gesetzliche Quoten und Sanktionen zurückgreifen, wo eine Freiwilligkeit nicht zu mehr Gerechtigkeit führt. Ich werde mich weiterhin immer dafür einsetzen, dass wir die Geschlechtergerechtigkeit weiter vorantreiben. Ich glaube nämlich, das ist gute Politik für Frauen und Männer. Mein Ziel ist ganz klar, dass Deutschland Spitzenreiter bei der Gleichberechtigung wird. Von starken Frauen profitieren wir alle, nicht nur Harry Potter.
Das Leben ist nicht immer gerecht. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, das erlebe ich aber auch tagtäglich als Pflegevater. Darum mache ich Politik, weil die Welt nur besser wird, wenn wir sie besser machen.